Aktien haben Erholungspotential

6.04.2020

So einen plötzlichen weltweiten und totalen Stopp der Wirtschaft hat es selbst zu Weltkriegszeiten nicht gegeben. Die Anleger reagieren zum Teil panisch. In zwei, drei Jahren könnte sich zeigen, dass dies gute Einstiegsgelegenheiten waren, meint Marco Herrmann von der Fiduka Depotverwaltung.

Selbst alte Börsenveteranen betreten derzeit Neuland: In den Krisen der vergangenen Jahrzehnte ging es mit den Aktienkursen nicht mit einem solchen Tempo bergab wie im Corona-Crash. In der ersten Phase machten die Anleger alles zu Geld, was zu halbwegs akzeptablen Kursen liquidierbar war. Selbst der Goldpreis gab anfangs nach – wie schon während der weltweiten Finanzkrise 2008/2009.

Dieser Herdentrieb hat den fundamental getriebenen Abwärtstrend verstärkt, der dann wieder Zwangsliquidationen herbeigeführt hat. Auch für Unternehmen hieß das Gebot der Stunde: Beschaffung von Liquidität, um auch ohne Einnahmen die Corona-Krise überleben zu können. Die erste Phase des Sell-offs dürfte abgeschlossen sein. Mittlerweile ist bei den Investoren wieder ein selektiveres Vorgehen zu beobachten. Unternehmen mit starken Bilanzen – auch auf der Kundenseite – konnten sich wieder gut erholen. Alles rund um Tourismus und Fliegen blieb dagegen am Boden.

Selbst einige große Konzerne werden das Corona-Virus nicht überleben. Eine Rückkehr zur Normalität wird sich in die Länge ziehen und damit werden auch die Kosten steigen für Staat, Unternehmen und jeden einzelnen von uns.

Gigantische Staatshilfen

Die schnelle Reaktion vieler Regierungen mit sehr umfangreichen Staatshilfen, den Unternehmenunter die Arme zu greifen, ist lobenswert, auch wenn die Details noch Anpassungen bedürfen. Das Rettungsprogramm ist riesig. Der in Deutschland genehmigte Nachtragshaushalt in Höhe von 156 Milliarden Euro entspricht rund fünf Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts.

Hinzu kommen weitere Hilfen auf der Ebene der Bundesländer. Neu ist auch einWirtschaftsstabilisierungsfonds von 400 Milliarden Euro und weitere 200 Milliarden Euro für Beteiligungen und Kredite an Unternehmen.

Die Kosten zur Ankurbelung der Wirtschaft nach dem Exit aus dem Ausnahmezustand sind da nochgar nicht inbegriffen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert bereits einen Marshall-Planfür Europa. Deutschland hat in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet und kann sich diese enormen Hilfsprogramme leisten. Oder anders gesagt: Es wird genügend Käufer für seine Anleihenfinden. Italien, Spanien und andere werden da eher Probleme haben, solange die EZB nicht alle Restriktionen bei ihren Anleihekäufen über Board wirft. Daher kommt jetzt wieder die Idee vonEuro-Bonds in Form von Corona-Bonds auf. Mit jedem Tag, den die Krise länger dauert, werden siein irgendeiner Form wahrscheinlicher. Selbst das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft(IW) ruft schon nach gemeinsamen europäischen Anleihen.

Zunächst dürfte aber erst einmal der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) aktiviert werden. Von dessen 700 Milliarden Euro Stammkapital sind allerdings bislang nur 80 Milliarden Euroeingezahlt worden – die dürften schnell weg sein. Weiteres Kapital müsste wohl primär von Deutschland und Frankreich kommen, weil die anderen Staaten ihren Verpflichtungen nicht nach kommen können.

Aufgrund der Abhängig der deutschen Wirtschaft vom Export, vor allem auch in die EU, wirdDeutschland bei der gemeinsamen Schuldenfinanzierung kompromissbereit sein. Aus politischen Gründen werden die Anleihen sicherlich nicht Euro-Bonds heißen, faktisch werden sie jedoch genaudas sein.

Rasante Schuldenzunahme

Nicht nur in Europa, sondern weltweit werden die Staatsschulden munter weiter klettern. Japan zeigt bereits seit Jahrzehnten, dass dennoch nicht unbedingt die Insolvenz droht, solange es eine kooperierende Notenbank gibt und die Zinsen nahe null Prozent liegen. Nippon liefert die Blaupause dafür, dass auf die Finanzierung von Staatsschulden durch die Notenbanken nicht zwangsläufigInflation folgen muss.

Was heißt das für Anleger?

Kurzfristig ist alles möglich, wie die zurückliegenden Wochen gezeigt haben. Wer jetzt Market Timing versucht, betreibt Glücksspiel. In den nächsten zwölf bis 24 Monaten dürfte sich sehr wahrscheinlich vieles zum Besseren wenden: Die Ausbreitung des Corona-Virus wird sich verlangsamen.

Die prozentualen Zuwachsraten flachen sich bereits ab – auch in Italien und Deutschland. In den kommenden zwölf bis 18 Monaten dürfte auch ein Impfstoff zur Verfügung stehen – vielleicht sogar schon früher. Außerdem durchlaufen derzeit mehr als 30 bereits bestehende Wirkstoffe klinische Tests zur Bekämpfung von Covid-19.

Die Rettungspakete der Staaten und Notenbanken werden zumindest den meisten Unternehmen ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen. Das sollte dann auch die Anleihen- und Aktienmärkteberuhigen. Außerdem werden die Staaten mit Konjunkturprogrammen ihren Volkswirtschaftenwieder auf die Beine helfen. Nicht auszuschließen, dass die Bürger auch direkt Geld vom Staaterhalten, wie beispielsweise in den USA und Hongkong.

Die Auswertung von www.ofdollarsanddata.com zeigen, dass der durchschnittliche Return von Aktien über zwölf Monate bei 32 Prozent liegt, wenn sich die Volatilität oberhalb der Marke von 40 Prozent bewegt. Genau das ist derzeit der Fall. Wenn wir also davon ausgehen, dass die Eindämmung des Virus gelingt, beziehungsweise in naher Zukunft ein Medikament und Impfstoffauf den Markt kommen, dann werden sich die derzeitigen Kurse an den Aktienmärkten in wenigen Jahren rückblickend wohl als hervorragende Kaufgelegenheit erwiesen haben.

Denn am globalen Null- und Niedrigzinsumfeld und dem daraus resultierenden Anlagenotstandändert auch die Corona-Krise nichts. Im Gegenteil, sie hat das Nullzinsumfeld weiter verschärft. Sorgfältig ausgewählte Aktien und Anleihen sind neben beigemischten Edelmetallen die einzigenliquiden Anlageklassen, die in den kommenden Jahren den realen Vermögenserhalt und -zuwachsermöglichen werden.

Das Kapital, das zuletzt panikartig aus den Märkten geflüchtet ist, wird nach der Eindämmung des Virus wohl Schritt für Schritt zurückkehren und die Kurse treiben. In China läuft die Wirtschaftbereits wieder an. Das lässt auch für Europa und die USA perspektivischen Optimismus zu. Wir wissen nicht, ob die Kurse derzeit ihr finales Tief schon gesehen haben. Das kann niemand hinreichend sicher sagen. Wir sind aber überzeugt, dass sie in der vor uns liegenden Zeit großes Erholungspotenzial aufweisen.

Autor Marco Herrmann verantwortet seit 2010 als Geschäftsführer die Anlagestrategie der Fiduka. Für Banken und Fondsgesellschaften ist Herrmann seit 1992 tätig.

Dieser Artikel erschien am 06.04.2020 unter folgendem Link:

https://www.dasinvestment.com/vermoegensverwalter-marco-herrmann-aktien-haben-erholungspotential/

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